Bundesgerichtshof spricht Grundsatzurteil zur Abrechnung bei Fettabsaugung

Bundesgerichtshof spricht Grundsatzurteil zur Abrechnung bei Fettabsaugung

Eine Frau leidet an einem Lipödem, also einer schmerzhaften Fettverteilungsstörung. Sie begibt sich zu deren Behandlung in eine Privatklinik. Dort saugt ein Arzt ihr in mehreren Terminen Fett von beiden Armen und beiden Beinen ab. Für seine Leistungen stellt er der Patientin knapp 16 000 Euro in Rechnung.

Zunächst überweist die Patientin das geforderte Honorar, später kommen ihr allerdings Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abrechnung. Der Grund: Die Klinik hat für jedes behandeltem Hautareal die volle Gebühr für Fettabsaugungen in Ansatz gebracht – analog zu den Regelungen der ärztlichen Gebührenordnung (GOÄ) abgerechnet.

Auf diese Weise konnte sie den Preis für eine Fettabsaugung für zwölf Areale pro Bein und für zehn Areale Pro Arm in Rechnung stellen, statt jeweils nur einmal pro Arm und Bein. Zur Begründung führte der Arzt aus, die Fettabsaugung sei andernfalls nicht wirtschaftlich und kostendeckend durchführbar.

Die Patientin hielt das Vorgehen dennoch für unzulässig. Sie verlangte ihr Geld zurück und klagte, als die Klinik die Erstattung verweigerte – mit Erfolg: Der Bundesgerichtshof (BGH) verdonnerte die Klinik zu einer Erstattung von knapp 12 000 Euro (Urteil vom 13.06.2024 – Az. III ZR 279/23).

Zwölf  Teilbeine oder nur eine Extremität?

Der Dritte Zivilsenat stützte seine Entscheidung unter anderem auf die Funktion der GOÄ. Deren Aufgabe liege zum einen darin, Ärzten eine zuverlässige finanzielle Grundlage für die Erbringung sorgfältiger hochwertiger ärztlicher Leistungen zu sichern.

Auf der anderen Seite habe die Gebührenordnung aber auch den Zweck, eine unkontrollierbare und unzumutbare finanzielle Belastung der Patienten zu verhindern.

GOÄ gilt für Fettabsaugungen direkt

Für eine Liposuktion bzw. eine Fettabsaugung sei die Nr. 2454 des Gebührenverzeichnisses unmittelbar und nicht nur analog anwendbar. Eine Mehrfachberechnung scheide hingegen aus.

Dies begründen die Richter mit dem Wortlaut der Gebührenvorschrift, wonach eine Liposuktion die „operative Entfernung von überstehendem Fettgewebe an einer Extremität“ bezeichnet. Eine Untergliederung von Armen und Beinen in verschiedene Areale, auf deren Basis die Ziffer mehrfach berechnet werden kann, verbiete sich daher.

In besonders schwierigen Fällen sei es dem Arzt aber unbenommen, die Hebesätze der Gebührenordnung zu nutzen, um dadurch höhere Honorare zu erzielen.

Kommentar von Jürgen Wahl, Fachanwalt für Medizinrecht in Alzenau:

Die Entscheidung ist nicht nur deshalb zu begrüßen, weil sie „kreativen“ Abrechnungsmethoden geschäftstüchtiger Ärzte einen Riegel vorschiebt. Erfreulich ist es auch, wie klar sich der BGH hinsichtlich der Qualität einer Liposuktion als medizinische Behandlung positioniert, und diese nicht, wie viele Sozialgerichte als bloße „Schönheitsoperation“ abtut.